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Krankheiten von Reptilien

Im Gegensatz zu den Amphibien sind Krankheiten bei wildlebenden, heimischen Reptilien erst seit jüngerer Zeit ein ernsthaftes Thema in Fachkreisen. Aktuelle Studien zeigen aber, dass gewisse Populationen und Arten durchaus Träger von exotischen Parasiten und Pathogenen sind. Derzeit besonders im Fokus steht die Krankheit SFD (Snake Fungal Disease), eine durch den Erreger Ophidiomyces ophidiicola verursachte Pilzerkrankung. Leider ist es jedoch wahrscheinlich, dass in den nächsten Jahren weitere Krankheitserreger entdeckt werden, weshalb es wichtig ist, bereits jetzt Präventionsmassnahmen anzuwenden.

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Snake Fungal Disease

Snake Fungal DiseaseDer Pilz Ophidiomyces ophidiicola ist eine auf Schlangen spezialisierte pathogene Pilzart, welche für die sogenannte Snake Fungal Disease (übersetzt: Schlangenpilzkrankheit), auch Ophidiomykose genannt, verantwortlich ist.

Diese Krankheit kommt bei wild lebenden wie auch bei in Gefangenschaft gehaltenen Tieren auf mehreren Kontinenten vor und wurde in den 2010er Jahren in den USA und später auch in Europa entdeckt. In der Schweiz wurde der Pilz 2018 im Tessin bei einer schwer erkrankten Ringelnatter (N. helvetica) entdeckt.

Die Symptome sind unterschiedlich und können denen anderer Krankheiten ähneln. Im Allgemeinen weisen die betroffenen Tiere relativ häufig Läsionen (Krusten, Ödeme, Nekrosen, Abszesse; siehe Fotos unten) auf ihren Bauch- oder Rückenschuppen sowie auf dem Kopf auf. Die Krankheit kann potenziell in das Gewebe eindringen und lebenswichtige Organe erreichen, was in der Regel zu einer Verschlechterung des allgemeinen Gesundheitszustands der Schlange sowie zu Verhaltensänderungen führt, die schliesslich zum Tod des Individuums führen können.

Eine Studie in Zusammenarbeit mit Gaelle Blanvillain untersuchte die Situation in der Schweiz:  nach einer umfangreichen Stichprobe in Europa scheint sich zu zeigen, dass die Schweiz ein „Hotspot“ der Krankheit in Europa ist. Die Situation ist mit einer durchschnittlichen Prävalenz von 28 % der untersuchten Standorte, dem Vorkommen in vielen Kantonen und in einem je nach Population sehr hohen Anteil (lokal tragen bis zu 80 % der Schlangen den Erreger) besorgniserregend. Obwohl die meisten Trägerschlangen moderate Krankheitsanzeichen zeigten, hatte ein nicht zu negierender Anteil der Individuen schwere Krankheitsanzeichen entwickelt. Das Vorkommen mehrerer Stämme des Erregers in der Schweiz deutet auf eine komplexe Geschichte von Einschleppungen des Erregers im Laufe der Zeit hin.

Semiaquatische Arten (Gattung Natrix) entwickeln die Krankheit eher als terrestrische Arten, was wahrscheinlich auf die Feuchtigkeit in ihren Lebensräumen zurückzuführen ist. Neben der Gattung Natrix wurden in der Schweiz bisher nur die Gelbgrüne Zornnatter (H. viridiflavus) und die Aspisviper (V. aspis) positiv auf die Krankheit getestet.

 

Würfelnatter mit Hautläsionen auf dem Kopf

Würfelnatter (Natrix tessellata) mit Läsionen am Kopf (© Grégoire Meier)

Fotos von typischen durch Snake Fungal Disease verursachten Läsionen

Fotos von typischen, durch SFD verursachte Läsionen bei Würfelnattern (Natrix tessellata), einer Ringelnatter (N. helevetica) und einer Gelbgrünen Zornnatter (Hierophis viridiflavus) (© Nicolas Joudrier).

 

Auswirkungen auf das Überleben

Nachdem diejenigen Gebiete identifiziert wurden, in welchen die Krankheit vorkommt, müssen wir herausfinden, wie sich die Krankheit auf die Schlangen auswirkt. Dazu haben wir 2023 mit einem Fang-Markierung-Wiederfang-Projekt von drei Populationen mit einem hohen Anteil kranker Tiere begonnen, um nach einigen Jahren der Überwachung herauszufinden, ob sich die Überlebensraten gesunder und kranker Tiere unterscheiden. Wir haben auch einen Test zur Überprüfung der Fitness geplant, um zu sehen, ob die Schlangen durch die Krankheit körperlich geschwächt sind.

Erste Beobachtungen deuten darauf hin, dass adulte Tiere der Krankheit durch eine häufigere Häutung gut widerstehen können; dies ist allerdings mit hohen energetischen Kosten verbunden und erfordert eine stärkere Thermoregulation der kranken Tiere, während der sie anfälliger für Prädation sind. Erst nach der Analyse nach drei Jahren Überlebensrate können die tatsächlichen Auswirkungen auf die einzelnen Individuen und auf Populationsebene bestimmt werden.

Weitere Informationen zu dieser Problematik finden Sie in den folgenden wissenschaftlichen Artikeln auf Englisch:

 

Wenn Sie Fragen haben oder eine Schlange mit verdächtigen Läsionen beobachtet haben, wenden Sie sich bitte an die karch.

prevention

Vorbeugungsmassnahmen gegen die Verbreitung von Infektionskrankheiten

Um eine Verschleppung von Krankheitserregern zu vermeiden, ist es sehr wichtig, gewisse Vorsichtsmassnahmen zu berücksichtigen:

  • Schlangen NICHT fangen! Falls das Behändigen von Tieren unumgänglich ist, braucht es dazu in jedem Fall eine Bewilligung der zuständigen kantonalen Naturschutzfachstelle.

  • Regelmässig Desinfektion sämtlicher Utensilien (Handschuhe, Schlangensäcke, Boxen, Haken etc.) nach Gebrauch mit Javelwasser (3%) oder Alkohol (mind. 70%) während mindestens 2 Minuten.​

  • Tragen von Einweghandschuhen beim Manipulieren der Tiere. Desinfektion der Hände mit entsprechenden Mitteln wie Sterilium, Desderman oder vergleichbaren Produkten.​

  • Terrarientiere oder wildlebende Reptilien, die mit Terrarientieren oder Terrarien in Kontakt waren, unter keinen Umständen in die Natur entlassen!

  • Dokumentieren Sie alle verdächtigen Beobachtungen mit Fotos und kontaktieren Sie die karch für weitere Informationen.

  • Für Arten, die Lederhandschuhe bedingen, verwenden Sie jeweils ein Paar Handschuhe pro Region.