Tagfalter und Widderchen
Kenntnisstand
Die Tagfalter (Lepidoptera, Papilionoidea) und Widderchen (Lepidoptera, Zygaenidae) gehören vermutlich zu der populärsten und am besten bekannten Insektengruppe. Der Wissensstand zu dieser Artengruppe ist sehr gut, obwohl noch einige taxonomische Probleme bestehen. Gemäss Wiemers et al. (2018) existieren 496 Arten in Europa, von deren 212 in der Schweiz vorkommen. Von den 63 in Europa bekannten Widderchen sind 27 in der Schweiz bekannt. Die Schweiz beherbergt also mehr als 40 % der europäischen Tagfalter, was in Anbetracht der geringen Fläche eine ausserordentlich hohe Vielfalt wiederspiegelt!
Rote Liste
Von den in der Roten Liste der Tagfalter und Widderchen von 2014 (Wermeille et al. 2014) bewerteten Arten wird die Hälfte als gefährdet (35%), oder potentiell gefährdet (20%) eingestuft. Diese Arten leben hauptsächlich in Trockenwiesen und –weiden der tiefen und mittleren Lagen. Ein grosser Anteil derjenigen Arten, welche sich ausschliesslich oder bevorzugt in Feuchtgebieten entwickelt, oft sehr spezialisiert und kaum mobil, sind ebenfalls gefährdet. Busch- und Waldreiche Lebensräume beherbergen eine geringere Artenzahl und sind in der Regel weniger gefährdet.
Identifikation
Bestimmungsschlüssel
Mehrere kostenlose und sehr praktisch aufgebaute Bestimmungsschlüssel für verschiedene Artengruppen helfen Ihnen, auch bis anhin schwierigere Arten zu bestimmen. Die Bestimmungsschlüssel sind in der mobilen Webfauna-Anwendung oder direkt online verfügbar:
Wie funktionieren die Bestimmungsschlüssel?
Beobachtung melden
Sie haben verschiedene Möglichkeiten, um info fauna Ihre faunistische Beobachtung zu übermitteln. Für alle Artengruppen geeignet sind die Online-Plattform Webfauna, für welche auch eine App zur Verfügung steht.
Ökologische Merkmale
Die ökologischen Anforderungen vieler Tagfalter und Widderchen sind sehr hoch. Entsprechend hängen sie von Lebensräumen mit sehr präzisen biotischen und abiotischen Bedingungen ab. Ihr Vorkommen ist hauptsächlich vom Vorhandensein der Futterpflanzen der Imagos und Raupen bestimmt, wobei auch der Bodentyp, die Topographie, das Klima, die Sonneneinstrahlung und die Feuchtigkeit wichtige Faktoren sind. Die meisten Arten sind je nach Entwicklungsstatus (Ei, Raupe, Puppe, Imago) zudem abhängig von bestimmten (Mikro-)Strukturen der Vegetation. Meistens benötigen sie ein Mosaik aus verschiedenen (Kleinst-)Lebensräumen, um den ganzen Entwicklungszyklus vollenden zu können. Die Tagfalter und Widderchen reagieren daher sehr sensibel auf qualitative Veränderungen ihrer Umgebung. Indem sie grundsätzlich einfach zu entdecken und in einer relativ überschaubaren Artenzahl vorkommen, sind sie ausgezeichnete Bioindikatoren für die Qualität von offenen (Wiesen und Weiden, Flach- und Hochmoore) und halboffenen (Waldränder, Felsenheiden, lichte Wälder) Lebensräumen.
Hauptsächliche Gefährdungen
Die Tagfalter-Gemeinschaften der trockenen oder feuchten Magerwiesen und -weiden sowie der Hoch- und Flachmoore haben in den letzten Jahrzehnten in Zusammenhang mit der Intensivierung der Landwirtschaft flächenmässig einen starken Rückgang ihrer Lebensräume erfahren. Dieser Verlust betraf zuerst nur tiefgelegene Gebiete, dehnt sich heute jedoch auch auf die Bergregionen aus. Während die ertragreichsten Gebiete übernutzt sind, werden schwer zugängliche (insbesondere mit starker Neigung) sowie Randgebiete dagegen aufgegeben und entwickeln sich zu für Tagfalter und Widderchen weniger geeigneten Lebensräumen. Gleichzeitig vergrössern sich Siedlungs- und Industriegebiete und die Entwicklung der touristischen Aktivitäten treibt die Zerstörung zahlreicher geeigneter Habitate voran. Zudem verstärkt die Zunahme und Verdichtung der bebauten Fläche eine Verinselung und Isolierung von Lebensräumen, was die Verletzlichkeit der Populationen gegenüber natürlichen Fluktuationen und Naturkatastrophen (Hochwasser, Trockenheit, Feuer,...) erhöht.