Weiherbau für Amphibien
Einige Überlegungen vorab zum Weiherbau
Speziell im Bereich von Siedlungen müssen vor der Anlage von Feuchtgebieten grundsätzliche Fragen abgeklärt werden. Ob Zierteich oder naturnahes Gewässer, es ist darauf zu achten, dass Tiere (Amphibien, Igel, Vögel etc.) das Wasserbecken verlassen können, um nicht zu ertrinken. Die Ufer sollen weder senkrecht noch überhängend (Abschlussplatten) konstruiert sein.
Bei einem Naturteich sind die ökologische Kriterien wichtig, da den einheimischen Tieren und Pflanzen günstige Lebensräume angeboten werden sollen. Vor der Anlage eines Gewässers ist zu überlegen, ob geeignete Rahmenbedingungen vorhanden sind und ob man bereit ist, allfällige Konsequenzen zu tragen: Liegt der künftige Weiherstandort in einem Wohngebiet mit vielbefahrenen Strassen, kann es nach einer Besiedlung durch Amphibien zu Massakern auf den Quartierstrassen kommen. Auch das Kanalisationssystem (Senklöcher) kann zu grossen Verlusten führen. Ist diese Gefahr gegeben, muss man sich ernsthaft die Frage stellen, ob nicht auf einen Teich verzichtet werden soll und andere naturnahe Strukturen wie Trockenstandorte oder Feuchtwiesen angeboten werden. Auch solche Lebensräume kommen der einheimischen Fauna und Flora zu Gute.
Bei einem gut besonnten Weiher mit dichter Wasservegetation ist nicht auszuschliessen, dass das Gewässer auch von Wasserfröschen besiedelt wird. Die Männchen locken über mehrere Wochen mit einem lauten Quakkonzert Weibchen an. Dies ist nicht immer zur Freude der Gartenteichbesitzer oder deren Nachbarn. Klären Sie vor dem Bau des Teiches ab, ob Sie dieses Risiko eingehen wollen und wie sich Ihre Nachbarn zu dieser möglichen «Nachtruhestörung» stellen. Streitigkeiten unter Nachbarn wegen Froschlärms haben schon vor dem Richter geendet.
Nicht nur die Wasserstelle selbst ist für viele Lebewesen eine wichtige Lebensgrundlage, sondern auch die nächste Umgebung. Entsprechend sollte auch diese naturnah gestaltet und extensiv gepflegt werden. Die hier aufgeführten Angaben sind vor allem auf die Förderung der Amphibien ausgerichtet. Von naturnah gestalteten Gewässern profitieren aber auch viele andere Organismen.
Das Wichtigste in Kürze
Amphibiengewässer
- Mehrere Gewässertypen sind besser als nur ein Gewässer
- Grosse Gewässer sind meistens wertvoller und einfacher im Unterhalt
- Grossflächige Flachwasserzonen (10 cm tief) und nicht zu grosse Maximalwassertiefe (für Weiher von nur einigen Quadratmetern Grösse max. 50 cm, für Weiher über 100 m2: Tiefe bis 1 m).
- Grosses Angebot an Strukturen und Versteckmöglichkeiten und möglichst lange, buchtenreiche Uferlinien
- Schwankende Wasserstände und periodisches Austrocknen können gewisse Arten fördern
- Wenn immer möglich eine Ablassvorrichtung anbringen, damit der Weiher bei Bedarf trockengelegt werden kann (Elimination Fische, Unterhalt, Nachahmung natürliches Wasserregime). Detaillierte Informationen finden Sie im Merkblatt "Anlage einer Ablassvorrichtung", Französische Version: "Aménagement d'un étang vidangeable", oder im Leitfaden "Temporäre Gewässer für gefährdete Amphibien schaffen"
- Die beste Art der Abdichtung ist abhängig von den Gegebenheiten (natürliche oder künstlich eingebrachte Abdichtung)
- Eine Überdeckung der Abdichtung mit Wandkies oder gewaschenem Sand (10-30 cm) ist sehr zu empfehlen. Keinen Humus einbringen!
- Laichgewässer sollten während des ganzen Sommerhalbjahres Wasser führen
Landlebensraum
- Umgebung naturnah gestalten und pflegen
- Keine Fallen in nächster Nähe (Strassen, Senklöcher, unüberwindbare Mauern, Lüftungsschächte) bzw. Fallen abdecken (feiner Maschendraht). S. auch "Amphibien fördern im Siedlungsraum" sowie das Merkblatt "Amphibienschutz vor der Haustür"
Pflege und Unterhalt
- Eine Spontanbesiedlung durch Pflanzen ist in der Regel einer Bepflanzung vorzuziehen
- Pflegeeingriffe im und am Gewässer im Spätsommer oder Herbst (September/Oktober) durchführen. S. auch Abschnitt "Pflege eines Amphibienweihers"
Keine Tiere aussetzen!
- Keine Fische, Enten oder Gänse im respektive auf dem Teich. Die meisten Fischarten sind grosse Fressfeinde von Amphibienlaich und –larven. Enten und Gänse fressen nicht nur Amphibienlarven, sondern belasten auch die Wasserqualität übermässig. S. auch "Amphibien und Fische"
- Keine Amphibien umsiedeln oder aussetzen! Amphibien sind bundesrechtlich geschützt. Vrgl. "Rechtliche Grundlagen", "Aussetzen und Ansiedeln", "Krankheiten"
Falls der Weiher und der Landlebensraum den Amphibien zusagen, werden sie sie selbständig besiedeln. Je nach Gewässertyp und Region stellen sich andere Arten ein.
Abdichtungmaterialien des Gewässers
- Empfehlenswert:
- EPDM-Abdichtungsfolie aus synthetischem Kautschuk (mind. 1.5 mm dick). Detaillierte Angaben finden Sie im Leitfaden "Temporäre Gewässer für gefährdete Amphibien schaffen".
- Beton (dauerhafte Abdichtung, maschinelle Pflege möglich, geeignet zur Erhaltung von Pionierarten. Detaillierte Angaben finden Sie im Praxismerkblatt: Betonweiher für gefährdete Amphibienarten. Französische Version: Aménagement de plans d'eau bétonnés en faveur des batraciens menacés.
- Bedingt oder nicht empfehlenswert:
- Bentonit (mit der Zeit undicht)
- Kalkstabilisierung (sehr hohe pH-Werte, teilweise pH > 9)
- Pressschlamm (mit der Zeit undicht, ausser bei konstantem Wasserspiegel und kontinuierlichem Wasserszufluss)
- Lehm (mit der Zeit undicht, ausser bei konstantem Wasserspiegel und kontinuierlichem Wasserzufluss)
Welche Weihertypen für welche Amphibienarten?
Weiher ist nicht gleich Weiher. Gewässertyp, Strukturvielfalt, Wassertemperatur und -tiefe bestimmen, welche Amphibien im Weiher vorkommen können. Vor allem die Dauer der Wasserführung ist ein wichtiger Faktor. Grob unterscheidet man zwischen permanenten, semi-permanenten und temporären Gewässern.
Permanente Gewässer
Permanente Gewässer führen ganzjährig Wasser und trocknen sehr selten bis nie aus. Sie sind also die typischen Gewässer, an die man beim Wort "Weiher" sofort denkt. Dadurch, dass sie konstant Wasser führen, weisen sie viele räuberische Insektenlarven auf, wie Gelbrandkäferlarven, Libellenlarven von Grosslibellen, aber auch Kleinlibellen. Sofern permanente Weiher nicht an einen Bach angeschlossen sind, findet man aber natürlicherweise keine Fische in ihnen. Dem hohen Räuberdruck durch die Insektenlarven sind nur wenige Amphibien gewachsen. Dies sind Arten, die tausende von Eiern produzieren, wie beispielsweise der Grasfrosch oder die Erdkröte. Sobald Fische eingesetzt werden, findet man meist nur noch die Erdkröte im Weiher, da ihre Kaulquappen als einzige von den Fischen verschmäht werden.
Amphibienarten permantenter Gewässer:
Semi-permanente Gewässer
Semi-permanente Gewässer trocknen nur in unregelmässigen Abständen alle paar Jahre aus. Sie variieren also stark in der Dichte an Fressfeinden, die in ihnen vorkommen. Die meiste Zeit ist der Räuberdruck relativ hoch. Wenn der Weiher aber austrocknet, werden die Libellen- und Käferlarven eliminiert und der Weiher ist im Jahr danach praktisch frei von Fressfeinden. Die Fortpflanzung der Amphibien ist dann besonders erfolgreich. Davon profitiert z.B. die Geburtshelferkröte, die aufgrund der Larven, die teils als Kaulquappen überwintern, nicht in temporären Gewässern vorkommen kann, aber aufgrund der geringen Anzahl an Kaulquappen auch nicht mit grossem Räuberdruck zurechtkommt.
Amphibienarten semi-permanenter Gewässer:
Geburtshelferkröte
Teichmolch
Kammmmolche
Springfrosch
Laubfrosch
Temporäre Gewässer
Temporäre Gewässer trocknen jährlich einmal oder sogar mehrmals aus. Sie führen also nur eine relativ kurze Zeit Wasser (Wochen bis Monate), und aufgrund dieser kurzen aquatischen Phase weisen sie kaum räuberische Insekten auf. Dies ist eine Chance für Amphibien, vor allem (aber nicht nur!) Gelbbauchunke, Laubfrosch, Kreuzkröte und Springfrosch. Neben den Amphibien ist auch ein grosser Teil der übrigen aquatischen Flora und Fauna auf temporäre Gewässer angewiesen, etwa Kleinlibellen.
Amphibienarten temporärer Gewässer:
Kreuzkröte
Gelbbauchunke
Laubfrosch
Temporär austrocknende Gewässer sind gut für Amphibien
Ohne Wasser kein Leben – aber zwischendurch darf’s auch trocken sein. Der ideale Amphibienweiher trocknet ab und zu aus. Was für Amphibien gilt, trifft auch auf eine Vielzahl anderer aquatischer Organismen zu (z.B. Libellen, Kleinkrebse, Moose, Pflanzen).
Die Feldarbeiten für die Aktualisierung der Roten Listen der Amphibien haben deutlich gezeigt, dass Amphibienarten, welche temporäre Gewässer bevorzugen, sehr starke Bestandeseinbrüche erlitten haben. Hier erfahren Sie die Gründe:
Wieso sind ab und zu austrocknende Gewässer für Amphibien ideal?
Austrocknende Gewässer sind riskant. Trocknet das Gewässer zu früh aus, so sterben alle Kaulquappen und Molchlarven. Damit fällt eine Generation aus. Aber Amphibien haben in ihrer evolutionären Geschichte gelernt, mit solchen Verlusten umzugehen. Entweder sind die adulten Amphibien langlebig, sodass sie sich mehrfach fortpflanzen können. Damit „erwischen“ sie sicher ein Jahr, in welchem der Nachwuchs „durchkommt“. Oder manche Arten produzieren mehr als ein Gelege pro Saison. Die Gelege werden oft auf mehrere Gewässer verteilt. Auch eine solche Strategie kann das Risiko des kompletten Fortpflanzungsausfalls mindern.
Eine weitere Alternative ist, dass Amphibien in Metapopulationen leben, sozusagen eine Population von Populationen, d.h. die Populationen der einzelnen Gewässer stehen miteinander in Verbindung. Wenn also nur in einem Gewässer der Metapopulation Kaulquappen zur Metamorphose gelangen, so können diese Jungtiere in späteren Jahren auch die andern Gewässer wieder besiedeln und verhindern damit, dass die Art in einer Region verschwindet.
Das Trockenfallen eliminiert die Fressfeinde von Amphibienlarven
Aber wieso ein Risiko eingehen, wenn es doch auch dauernd wasserführende Gewässer gibt? Das Austrocknen eines Gewässers eliminiert eben nicht nur die Amphibienlarven, sondern – und das ist entscheidend – auch die aquatischen Fressfeinde der Amphibienlarven, wie etwa Fische, Wasserkäfer- oder Libellenlarven. In einem Gewässer, in welchem es von Fressfeinden wimmelt, haben Amphibienlarven trotz ausgeklügelter Strategien zum Vermeiden von Feinden nur eine geringe Überlebenschance.
Wenn sich ein Gewässer nach dem Austrocknen wieder füllt, so ist es geradezu ideal für Amphibienlarven, da keine Fressfeinde mehr da sind. Da schaffen es massenweise Kaulquappen und Molchlarven bis zur Metamorphose. Eine solche Produktion an Jungtieren ersetzt alle Verluste von Jahren, in denen der Weiher zu früh ausgetrocknet ist.
Nicht alle Arten bevorzugen austrocknende Gewässer, die Erdkröte zum Beispiel zieht permanente Gewässer vor. Die Kaulquappen dieser Art verfügen über ein Hautgift, welches sie vor Fischen schützt (und wo es viele Fische hat, hat es wenig räuberische Wasserinsekten, welche die Kaulquappen trotz Hautgift fressen würden). Zusätzlich werden Verluste durch hohe Eizahlen (bis 5'000 Eier pro Weibchen) kompensiert.
Die Fortpflanzungsstrategie bestimmt die Gewässerpräferenz
Vereinfacht lässt sich sagen, dass es bei Amphibien zwei Fortpflanzungsstrategien gibt. Ein Teil der Arten bevorzugt temporäre Gewässer und eine Risikostrategie: mal keine, mal sehr viel Nachkommen. Der andere Teil der Arten geht auf Nummer sicher und benutzt dauernd wasserführende Gewässer: Da gibt es jedes Jahr wenig Nachwuchs. Die Arten, welche die Risikostrategie gewählt haben, können nicht zur anderen Strategie wechseln. Deshalb sind sie durch den Verlust der temporären Gewässer in der Landschaft besonders betroffen.
Der massive Verlust an temporären Gewässern konnte nicht durch den Bau von „Biotopen“ (meist permanent wasserführende Teiche) kompensiert werden. Das Projekt "1001 Weiher" hat zum Ziel, die Dichte an temporären Gewässern in der Landschaft wieder zu erhöhen
Pflege eines Amphibienweihers
Mit dem Bau eines Weihers ist es nicht getan. Da die Gewässerdynamik heute vielerorts fehlt, die für die Entstehung ständig neuer Pioniergewässer sorgte, brauchen Weiher Pflege, denn es ist in der Regel notwendig, die Sukzession aufzuhalten oder zu verlangsamen. Dies ist besonders für den Erhalt von Pionierarten wie der Kreuzkröte wichtig. Aber auch Weiher in späten Sukzessionsstadien brauchen Pflege, damit sie nicht zuwachsen oder Verschlammen.
Der beste Zeitpunkt für die Weiherpflege
Der beste Zeitpunkt für die Weiherpflege ist dann, wenn am wenigsten Tiere im Gewässer sind. Diejenigen, die sich dennoch im Weiher aufhalten, sollten noch in der Lage sein, auf die Störung zu reagieren. Ein idealer Zeitpunkt ist also im Herbst, wenn die Kaulquappen, Molch- und Libellenlarven grösstenteils metamorphosiert sind und auch die adulten Molche weitgehend den Weiher verlassen haben. Gleichzeitig sind die Temperaturen im Herbst noch warm genug, dass die verbleibenden Tiere noch aktiv sind und der Störung ausweichen können. Je nach Witterung ist ein Zeitpunkt Ende September bis Ende Oktober ideal.
Pflegemassnahmen
Je nach Gewässertyp und Zielarten muss die Pflege natürlich unterschiedlich erfolgen. Ein paar Grundsätze sind jedoch allgemein gültig:
- Mit der Pflege sollte nicht erst begonnen werden, wenn die Wildnis bereits die Oberhand gewonnen hat. Gerade bei Pioniergewässern, wo das Aufkommen von Vegetation verhindert werden muss, lohnt sich eine regelmässige Pflege (z.B. Zupfen von Weidenschösslingen) schon ab dem ersten Jahr.
- Für ausgedehnte Gewässerkomplexe empfiehlt es sich, ein Pflegekonzept mit Zielvorgaben auszuarbeiten.
- Je kleiner ein Gewässer ist, desto häufiger drängen sich Pflegemassnahmen auf. In Gartenteichen mit einem geringen Wasservolumen beugt ein regelmässiges Entfernen der abgestorbenen Unterwasserpflanzen oder des Laubes einem Sauerstoffmangel in den Wintermonaten vor.
- Das Schneiden von Vegetation, damit mehr Licht auf die Wasserfläche fällt, ist prinzipiell immer eine sinnvolle Massnahme. Es gilt zu verhindern, dass Gewässer mit Röhricht zuwachsen oder durch aufkommende Büsche und Bäume stark beschattet werden.
- Massnahmen im Gewässer (z.B. Ausbaggern des Schlamms) sollten nicht auf der gesamten Weiherfläche stattfinden, so dass ein Teil der Flora und Fauna auf einer Teilfläche erhalten bleibt, von der aus der Rest der Fläche wieder besiedelt werden kann.
- Idealerweise findet die Weiherpflege rotierend statt, wenn mehrere Gewässer vorhanden sind, so dass ein Mosaik an Gewässern in verschiedenen Sukzessionsstadien erhalten wird.
- Der Schnitt von Grünflächen sollte in jedem Fall mit Balkenmähern bei nicht zu tiefer Schnitthöhe (> 10cm) oder der Sense erfolgen, da die Verluste unter den Amphibien nachweislich deutlich tiefer sind als bei Kreisel- oder Schlegelmähern. Vorteilhaft ist, wenn die Mahd nicht während des Landganges (Metamorphose) der Jungtiere erfolgt. Dies gilt vor allem auch für Gartenweiher. Während dieser Zeit sollte auf ein Mähen des Rasens verzichtet werden! Bei Grasfrosch und Erdkröte erfolgt die Metamorphose im Mittelland meist ab Mitte Mai, bei den später laichenden Arten ab Juni / Juli.