National prioritäre Arten (NPA)
Um die Bemühungen im Artenschutz auf jene einheimischen Arten zu konzentrieren, die aus globaler Sicht am dringendsten Hilfe benötigen, hat der Bund 2011 erstmals die Nationale Priorität für den Artenschutz definiert und die Liste der National Prioritären Arten publiziert. Die Nationale Priorität wird aus der Kombination von zwei Faktoren ermittelt: Die Gefährdung einer Art und die internationale Verantwortung der Schweiz für das weltweite Fortbestehen dieser Art. Die Liste wurde seit 2011 zweimal revidiert (2019, 2025).
Was ist eine national prioritäre Art NPA?
Eine NPA ist eine Tier-, Pflanzen-, Moos-, Pilz- oder Flechtenart, die auf der jeweils aktuellen Liste der NPA aufgeführt ist. Das bedeutet, dass sie bei der Umsetzung von Fördermassnahmen in der Schweiz prioritär zu berücksichtigen ist, weil die Schweiz aus internationaler Sicht eine grosse Verantwortung für die globale Erhaltung dieser Art hat.
Die Art ist entweder national oder international gefährdet und/oder ihr Verbreitungsgebiet liegt grösstenteils oder ausschliesslich in der Schweiz. Ihre Bestände sind in der Schweiz unbedingt zu bewahrt und es müssen Massnahmen ergriffen werden, um den Zustand ihrer Populationen zu verbessern.
Wie viele National Prioritäre Artem gibt es in der Schweiz?
Die Liste der NPA 2025 umfasst total 2’999 Tier-, Pflanzen-, Pilz- und Flechtenarten. Mehr als ein Drittel aller NPA sind Insekten (33 %). Rund 3 % der NPA 2025 sind Mollusken, 2 % Fische, 2% Vögel, 1 % Säugetiere und 1% Amphibien und Reptilien.
Warum braucht es eine Liste der National Prioritären Arten NPA?
In der Schweiz wurden bisher 39’438 Tierarten nachgewiesen (Gefährdete Arten und Lebensräume in der Schweiz, 2023). Diese grosse faunistische Vielfalt ist jedoch in einem besorgniserregenden Zustand: 37 % der Tierarten, die im Rahmen eines Rote-Listen-Programms des Bundes bewertet wurden, sind bedroht (Rote-Liste Status CR, EN, VU) und 13 % sind nahezu bedroht (NT). 5 % der in den Roten Listen der Schweiz bewerteten Tierarten sind bereits ausgestorben (Gefährdete Arten und Lebensräume in der Schweiz, 2023).
Angesichts der roten Zahlen, der knappen Ressourcen und dem rasant fortschreitenden Verlust der Biodiversität (Biodiversität in der Schweiz. Zustand und Entwicklung, 2023) drängt sich die Frage auf, wie die Prioritäten bei der Erhaltung und Förderung der Arten zu setzen sind: Stehen Arten im Vordergrund, die kurz davor sind, auszusterben? Oder solche, die sich in einem besonders schnellen Abwärtstrend befinden? Und welchen Stellenwert sollen die in der Schweiz bedrohte Arten haben, deren Verbreitungsgebiet unser Land jedoch nur tangiert?
Die Liste der NPA dient der Klärung dieser Fragen und ermöglicht es, Arbeiten auf nationaler und kantonaler Ebene zu koordinieren und Synergien zwischen verschiedenen Programmen und Aktivitäten möglichst effektiv nutzen zu können.
Weiterführende Literatur:
Was sind die wichtigsten Änderungen in der Liste der NPA 2025 gegenüber der Liste 2019?
Bei der Revision der Liste der NPA 2025 sind die aktualisierten Roten Listen und die neusten Datengrundlagen über die weltweite Verbreitung der Arten (GBIF) eingeflossen.
Die Liste 2025 ist kürzer geworden. Arten, die in der Schweiz bereits ausgestorben sind und gefährdete Arten, deren Bestände in der Schweiz nur eine geringe Bedeutung für ihr weltweites Fortbestehen haben, sind nicht mehr aufgeführt.
Die Prioritätsabstufung von 1 bis 4 wird nicht mehr gemacht. Entweder ist eine Art national prioritär oder sie ist es nicht. Anstelle des bisherigen Punktesystems wird angegeben, mit welcher zeitlichen Dringlichkeit Fördermassnahmen umgesetzt werden müssen und ob es eine verstärkte Überwachung ihrer Bestände braucht.
Die Anwendung der Liste in der Praxis wird einfacher, da Synergien zwischen der Artenförderung, der Lebensraumförderung und den verschiedenen Programmen der Sektoralpolitiken besser genutzt werden können. Für jede NPA wird angegeben, auf welcher Handlungsebene und mit welchen politischen Instrumenten für die Art etwas unternommen werden kann:
- 30% der NPA sind der Handlungsebene «Artenförderung» zugeteilt. Sie brauchen spezifische Fördermassnamen, die ganz gezielt auf ihre ökologischen Ansprüche und ihr Vorkommen ausgerichtet sind.
- 55% der NPA sind der Handlungsebene «Lebensraumförderung» zugeteilt. Sie profitieren von der Umsetzung der Ökologischen Infrastruktur.
- 15% der NPA sind der Handlungsebene «Ganze Landesfläche» zugeteilt. Sie profitieren von Programmen der verschiedenen Sektoralpolitiken, Z.B. Biodiversitätsförderung in der Landwirtschaft, im Wald, im Siedlungsraum oder im Gewässerschutz .
Wie entsteht die Liste der National Prioritären Arten NPA?
Die Liste der NPA wird in einem dreistufigen Standartverfahren hergeleitet:
- Es werden alle Arten gelistet, die gemäss den nationalen Roten Listen bedroht (VU, EN, CR) oder in der Schweiz ausgestorbenen (RE) sind. Für alle diese Arten wird die internationale Verantwortung der Schweiz gemäss standardisierten Kriterien beurteilt.
- Es werden Arten ausgeschlossen, …
- … deren Verbreitungsgebiet die Schweiz nur tangiert und/oder deren Bestand in der Schweiz nur eine geringe Bedeutung hat. Ihr Aussterben in der Schweiz hätte auf den weltweiten Bestand kaum Einfluss.
- … die in der Schweiz bereits ausgestorben sind. Denn es ist nicht möglich, Arten zu erhalten, wenn keine Populationen nachgewiesen werden. Wiederansiedlungen sind zudem aufwändig und die Erfolgsaussichten oft ungewiss. Wenn solche Arten jedoch wieder auftauchen oder nachgewiesen werden können, erhalten sie sofort eine Nationale Priorität.
- Es werden Arten aufgenommen, die …
- … gemäss den aktuellen Roten Listen nahezu bedroht (NT) oder nicht bedroht (LC) sind oder deren Gefährdungsstatus wegen ungenügender Datengrundlage nicht beurteilt werden konnte (DD). Dies jedoch nur, wenn eines der folgenden Kriterien auf diese Art zutrifft:
- Die Art hat einen Endemiten-Status.
- Sie ist von Fördermassnahmen abhängig (NT mit dem Zusatz «Conservation dependent»).
- Sie hat einen internationalen Gefährdungsstatus.
- Die Schweiz beherbergt wichtige Winterbestände dieser Art.
- … einer Organismengruppe angehören, für die es gar kein nationales Rote-Liste-Programm gibt. Diese jedoch nur, wenn eines der folgenden Kriterien zutrifft:
- Die Art hat einen internationalen Gefährdungsstatus.
- Die Schweiz beherbergt wichtige Winterbestände dieser Art.
- Wissenschaftliche Publikationen geben Hinweise darauf, dass die Art gefährdet ist.
- … gemäss den aktuellen Roten Listen nahezu bedroht (NT) oder nicht bedroht (LC) sind oder deren Gefährdungsstatus wegen ungenügender Datengrundlage nicht beurteilt werden konnte (DD). Dies jedoch nur, wenn eines der folgenden Kriterien auf diese Art zutrifft:
Sind National Prioritäre Arten rechtlich geschützt?
Nein, NPA sind nicht per Definition rechtlich geschützt. Ob eine Art geschützt ist oder nicht, wird in den Anhängen 1 bis 4 der Natur- und Heimatschutzverordnung NHV und in den kantonalen Gesetzgebungen bestimmt.
Das Vorkommen von Arten, die gemäss den Roten Liste bedroht sind, ist jedoch ein Kriterium für die Schutzwürdigkeit eines Lebensraums im Sinne von Artikel 18 des Natur- und Heimatschutzgesetzes NHG in Verbindung mit Artikel 14 der Natur- und Heimatschutzverordnung NHV. NPAs mit einem nationalen Rote-Liste-Status sind somit indirekt geschützt über die Lebensräume, in denen sie vorkommen.
Sind National Prioritären Arten vom Aussterben bedroht?
Nicht alle NPA sind vom Aussterben bedroht. NPAs, die nur nahezu bedroht (NT) oder gar nicht bedroht sind (LC, DD), haben entweder einen Endemiten-Status (diese Liste wird laufend aktualisiert), oder sie sind von spezifischen Fördermassnahmen abhängig, oder sie haben einen internationalen Gefährdungsstatus oder die Schweiz beherbergt wichtige Winterbestände.
Umgekehrt gibt es vom Aussterben bedrohte Arten, die nicht national prioritär sind. Dies trifft zu, wenn nur ein geringer Anteil ihres weltweiten Bestandes in der Schweiz vorkommt und die Schweiz deshalb eine geringe internationale Verantwortung für ihren weltweiten Fortbestand hat.