Rote Liste der Bienen der Schweiz
Die Rote Liste der Bienen der Schweiz wurde am 17. Mai 2024 durch das BAFU und info fauna veröffentlicht. Wir diskutieren und erläutern hier die wichtigsten Fragen zu den Ergebnissen, zur Bedeutung und zu den Auswirkungen dieser neuen Publikation.
Fragen und Antworten zur Roten Liste der Bienen in der Schweiz
Welches sind die wichtigsten Ergebnisse dieser Roten Liste?
Die Rote Liste bewertet den Gefährdungsgrad für jede der über 600 Bienenarten in der Schweiz. Fast die Hälfte der Arten (45 %) ist gefährdet, was ein besonders hoher Anteil ist. Vor allem aber gelten 59 Arten, also fast 10 % aller einheimischen Arten, als ausgestorben, was im Vergleich zu den anderen Roten Listen der Schweiz ein viel höherer Anteil ist. Positiv zu bewerten ist, dass Bienen mobil sind, zurückkehren und sich entwickeln können, wenn man ihnen Lebensraum gibt: Mehrere Arten, die als ausgestorben oder nicht mehr vorhanden galten, wurden in den letzten zwei Jahrzehnten beobachtet. Eine weitere Schlussfolgerung ist, dass die reich strukturierten und vielfältigen Lebensräume in den Alpen und im Jura - noch - eine sehr reiche Bienenfauna mit für Mitteleuropa aussergewöhnlichen Gemeinschaften beherbergen. Die Erhaltung dieser Gemeinschaften ist eine Priorität.
Ist der Rückgang der Bienen momentan gestoppt, der Tiefpunkt erreicht und geht es nun wieder aufwärts?
Es ist nicht einfach, diese Frage zu beantworten. Es scheint, dass die Arten in tieferen Lagen etwas von dem vor einigen Jahrzehnten verlorenen Terrain zurückgewinnen konnten, was auch mit der Klimaerwärmung zusammenhängen könnte. In den Alpen ist jedoch nach wie vor eine Intensivierung der Landwirtschaft und eine Abnahme der Qualität der Lebensräume zu beobachten, und es wird damit gerechnet, dass sich die Situation weiter verschlechtern wird.
Welches sind die grössten Gefährdungsfaktoren für die Wildbienenpopulationen in der Schweiz?
Wildbienen sind auf zwei Arten von Ressourcen angewiesen: Erstens auf Blüten, um die Brutzellen mit Pollen und Nektar versorgen zu können, und zweitens auf Strukturen wie offener Boden, Sandwände, Totholz, Stängel usw., welche den Bau von Nestern ermöglichen. Der Hauptgrund für den Rückgang ist, dass diese Ressourcen in der Landschaft immer weniger vorhanden sind. Dieser Rückgang ist auf die Intensivierung der Landwirtschaft, die Urbanisierung und die zu intensive Pflege von nicht bewirtschafteten Flächen wie Böschungen, Brachland, Waldränder usw. zurückzuführen.
Welche konkreten Massnahmen können ergriffen werden, um die Wildbienen in der Schweiz zu schützen und zu erhalten?
Das Angebot an Blütenpflanzen und Nistmöglichkeiten erhöhen, wo immer dies möglich ist: extensive Wiesen fördern, Böschungen zeitlich gestaffelt mähen, Waldränder angemessen pflegen; in Gärten einheimische Blumen fördern und Nistmöglichkeiten schaffen. Der Erhalt und Ausbau der ökologischen Infrastruktur ist ebenfalls wichtig: Bedrohte Arten brauchen qualitativ hochwertige Lebensräume wie blumenreiche Magerwiesen, Auen, lichte Wälder usw. Eine bessere Vernetzung dieser heute sehr isolierten Lebensräume ist ebenfalls von Bedeutung.
Welche Rolle spielen Wildbienen in den Ökosystemen der Schweiz und was wären die Folgen ihres Rückgangs?
Bienen - sowohl Wild- als auch Honigbienen - sind wichtige Bestäuber von Pflanzen, sowohl von Kultur- als auch von Wildpflanzen. Reichlich vorkommende und vielfältige Gemeinschaften sind für eine gute Bestäubungsleistung unerlässlich. Zu beachten ist, dass gefährdete Arten wahrscheinlich nur wenig zur Bestäubung beitragen, da sie selten sind und die Bestäubungsleistung hauptsächlich von den häufigen Arten erbracht wird. Dennoch werden einfache Massnahmen zur Erhöhung der Abundanz häufiger Arten auch seltenen Arten zugutekommen.
Welchen Nutzen hat diese Rote Liste für die Erhaltung der Wildbienen in der Schweiz?
Auf Bundesebene basieren die Massnahmen zur Erhaltung der Arten sowie deren Finanzierung auf einer klaren gesetzlichen Grundlage (Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz, SR 451, Art. 18 und 20, sowie Verordnung über den Natur- und Heimatschutz, SR 451.1, Art. 14): Diese erwähnt ausdrücklich die gefährdeten Arten. Diese müssen klar ausgewiesen werden, was bei Wildbienen nun der Fall ist. Konkret bedeutet dies, dass die Bienen in die von den Kantonen und dem Bund finanzierten Schutzprogramme aufgenommen werden, was sehr erfreulich ist.
Bezieht sich diese Rote Liste auch auf die Honigbiene, Apis mellifera?
Nein, es wurde festgestellt, dass die zur Bewertung der Arten verwendeten Kriterien nicht auf die Honigbiene anwendbar sind. Die Honigbiene bildet gelegentlich wilde Populationen, vor allem in Wäldern, wo sich Kolonien eine gewisse Zeit lang ohne das Zutun von Imkern halten können. Diese wilden Kolonien stehen jedoch wahrscheinlich ständig unter dem Einfluss der - wesentlich grösseren - Populationen, die von Imkern gehalten werden. Die Erhaltung gesunder Honigbienenpopulationen hängt hauptsächlich von Massnahmen der Imkerei ab.